Die wahre Hölle ist draussen
Das Künstlerbuch basiert auf einem verstörend intensiven und bewegenden Tagebuch das Andreas Golinski im Rahmen einer Recherche begegnete.
Das „Tagebuch von A.“ ist der fragmentarische erzählte, schmerzhafte Weg einer Frau, die durch ihren Mann veranlasst 10 Jahre in einer geschlossenen Nervenheilanstalt interniert lebt. Zwanzig Jahre nach dieser Erfahrung versucht A. ihr Erleben zu rekonstruieren und damit gegen das Vergessen anzutreten.
Die Autorin reflektiert die in der Zeit allgemeingültige Rolle der Frau als Ehefrau-Mutter-Hausfrau und das Schicksal derer, die diesen Rollenvorstellungen nicht entsprechen können oder wollen. Sie beschreibt die individuelle und systemische physische wie psychische Gewalt, die danach trachtet, jede Spur eigener Identität und weiblicher Zerbrechlichkeit auszulöschen. Es ist Gesellschaftskritik, die trotz aller Entwicklungen in den Themenfeldern Geschlechterrollenerwartungen und Umgang der Gesellschaft mit seelischen Erkrankungen, nichts an Aktualität verloren hat. Ebenso ist es tiefgreifendes Dokument der Erfahrung des Individuums, mit solchen Umständen konfrontiert zu sein.
Das Tagebuch besteht aus Fragmenten, Episoden, Anekdoten, Liebesbriefen und Gedichten, die mal ausführlich dahinfließen, mal schwinden, um einige Seiten später mit erneuter Intensität wieder aufzutauchen. Die Erzählerin webt einen chronologischen Erzählrahmen, doch gibt es kein geordnetes Gedächtnis. Vielmehr wiederkehrende Symbole und Situationen, aus der sich die Erzählung der Erfahrung verdichtet. Der natürliche Prozess der Erinnerung in seiner Fragmentarität und Assoziativität wird von der Autorin eingefangen.
Wir sind wer wir sind, weil wir erinnern was wir erlebt haben (Erik Kandel).
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